Drogen (2) - Sucht, Aufklärung und Hilfe


Plakat Drogenaufklärung

Der zweite und letzte Teil unserer Drogenvortragsreihe war zweigeteilt: Frau Öhl von der Brücke Mainz schilderte einleitend Ursachen und Therapiemöglichkeiten einer Sucht und stellte die Präventionsarbeit von BRÜCKE e.V. vor. Danach kamen zwei Referenten von der Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft Kreuzbund e.V. zu Wort, die mit entwaffnender Offenheit erzählten, wie sie süchtig wurden und die Sucht sie und ihr Leben entscheidend beeinflusst hat bis zu deren Überwindung.

 

Dadurch ermutigt kamen sehr direkte und auch persönliche Fragen aus dem Publikum, schließlich gibt es wohl keinen, der direkt oder auch in seinem Umfeld nicht schon einmal mit der Suchtproblematik in Berührung kam und sich unsicher im Umgang damit fühlte.


Für alle die den Vortrag verpasst haben, lesen Sie im Folgenden, eine Zusammenfassung der Themen des Abends :

  1. Was ist Sucht?
  2. Ursachen von Sucht
  3. Therapiemöglichkeiten
  4. Ziele der Präventionsarbeit
  5. Wie beeinflußt die Sucht die eigene Persönlichkeit und das eigene Leben
  6. Wege aus der Sucht

Was genau versteht man unter dem Begriff "Sucht"?

 

Unter Sucht versteht man den Zustand, der es dem Einzelnen nicht möglich macht frei über seine Handlungen zu entscheiden.

 

Sucht ist eine anerkannte Krankheit, auch wenn dies nicht immer so in der Gesellschaft wahrgenommen wird. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass der Körper sich von den Folgen einer Sucht schneller erholt, die psychische Abhängigkeit jedoch ein Leben lang anhalten kann. 

suchtdreieck

Ursachen von Sucht

 

Das Suchtdreieck zeigt welche Einflussfaktoren zu einer Sucht führen können. Oft sind die Grenzen zwischen Genuss und Sucht fließend. Auch muss nicht zwingend eine Verfestigung eines suchtfördernden Verhaltens geschehen.

 

In Gesprächen mit an Sucht erkrankten Menschen findet sich oft das Bild, dass der Genuss von süchtigmachenden Substanzen zunächst als eine Form der leicht greifenden Problemlösung genutzt wird. Genau da kann dann auch eine Therapie ansetzen.

Therapiemöglichkeiten einer Sucht

 

Die Therapiemöglichkeiten sind sehr vielfältig und müssen natürlich individuell abgewogen werden. Ob ambulant, stationär oder auch in Eigenregie, eines ist immer eine wichtige Grundlage: Die Sucht muss raus aus der Taubzone. Das eigene Umfeld sollte die Sucht nicht abdecken oder verschleiern.

 

Unter dieser Voraussetzung kann eine Entwöhnung gelingen. Dabei sind Rückfälle die Regel aber auch keine Katastrophe. Gelegentlich können sie auch konstruktiv für eine weitere Therapie genutzt werden. Darum sollte auch niemand, der an Sucht erkrankt ist, verloren gegeben werden.

Ziele der Präventionsarbeit

 

Drogen bieten Jugendlichen schnelle Lösungswege an. Sie konsumieren also Drogen, weil die Wirkerwartungen die Problemlösung ist, nicht die Sucht.

 

Daher ist es neben der Aufklärungsarbeit bei der Suchtprävention mindestens genauso wichtig Jugendliche in folgenden Bereichen zu stärken:

  • Ausbildung der Genussfähigkeit mit Hilfe des Prinzips der Selbstwirksamkeit. Das heißt Jugendliche ausprobieren und Fehler machen lassen und sie darin stärken, dass sie aus ihrem Handeln die richtigen Konsequenzen ziehen können.
  • Ausbildung der Risikokompetenz, das heißt lernen Gefahren richtig einschätzen zu können. Dafür Übungsfelder ermöglichen und eine Kultur der Fehlerfreundlichkeit schaffen. Außerdem Jugendliche zu Neugier, Mut und Selbstliebe ermutigen.
Publikum beim Drogenvortrag 2

Was passiert mit mir und meinem Leben, wenn ich süchtig bin? - Zwei Biografien.

 

Nachdem Vortrag von Frau Öhl kam Frau Hub vom Kreuzbund, einer Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige, als weitere Referentin zu Wort.

 

Frau Hub ist beim Kreuzbund Mainz im Vorstand tätig und leitet selbst Selbsthilfegruppen. Zum Kreuzbund kam sie jedoch zunächst als Hilfesuchende, da sie selber alkoholabhängig ist und sich heute als eine sogenannte "cleane Abhängige" bezeichnen würde. Diese Bezeichnung bedeutet, dass die Sucht überwunden ist, man aber immer noch abhängig ist, also auch durch den Genuss kleiner Mengen wieder in die Sucht rutschen würde.

 

Mit einer deutlichen Erzählung wie es bei ihr zu der Suchterkrankung kam und welche Stadien sie durchlebt hat - inklusive einiger Rückfälle - wurde den Zuhörern deutlich, wie sehr das Leben eines Erkrankten durch die Sucht eingeschränkt wird und zu welchen Verhaltensweisen der Betroffene sich genötigt sieht. 

 

Erstaunlich, wie gut es gelingt, nicht nur sich, sondern auch das Umfeld über die Sucht zu täuschen, bis dann die Erkrankung zu sehr heftigen Abstürzen führt und nicht länger zu verheimlichen ist.

 

Aus ihrer aktuellen Selbsthilfegruppe kam ein Mitglied mit, der ebenfalls bereit war seine Lebensgeschichte schonungslos vor den Zuhörern offen zu legen. Bei ihm kam zu der Alkoholsucht auch noch die Abhängigkeit von verschiedenen Drogen wie Heroin, Ecstasy usw. Die Beschaffung nötigte ihn, trotz eines gut bezahlten Jobs, auch zur Beschaffungskriminalität nicht nur, aber auch im familiären Umfeld. Erst aufgrund eines Deliktes der Körperverletzung unter Drogeneinfluss, und die mit der Strafe verbundene Auflage einer vierjährigen Entzugstherapie, gelang es ihm einen Weg aus der Sucht zu finden. Auch bei ihm kam es wieder zu einem Rückfall, aber nicht in die Drogensucht sondern  "nur" in die Alkoholsucht, von der er sich mittlerweile mithilfe der Selbsthilfegruppe beim Kreuzbund wieder erholt hat.

Kreuzband Banner

Der Weg aus der Sucht

 

Wie in den Biografien oben deutlich herauszulesen ist, ist es wichtig eine Suchterkrankung schonungslos aufzudecken. Nur dann, und wenn der Erkrankte dazu stehen kann, gibt es die Möglichkeit zu helfen.

 

Dabei werden starke Regulierungen, wie die Anwendung der entsprechenden Gesetze, im Nachhin als segensreich empfunden, da sie den Weg frei machen zu sich als Person mit allen Stärken und Fehlern zu stehen und sich so anzunehmen wie man ist.

  

Und für die Angehörigen gilt: So schnell es geht sich selber Hilfe holen.

 

Sollte man  den Verdacht haben, dass jemand süchtig ist, sollte man nicht zögern ihn darauf anzusprechen und Informationen über Hilfsangebote weiterzugeben. Dabei ist es unwichtig ob eine Sucht abgestritten wird. Die Erfahrung zeigt, dass diese Informationen behalten werden und dann genutzt werden, wenn derjenige dazu bereit ist.

 


Fazit und Rat an uns Eltern

 

Aufklärung über Drogen ist wichtig schützt alleine aber nicht vor dem Missbrauch durch die Jugendlichen.

 

Noch wichtiger ist es für eine gute Vertrauensbasis zu den eigenen Kindern zu sorgen und sie so anzunehmen wie sie sind. Hilfreich ist es auch viel Zeit mit ihnen zu verbringen, dann fallen einem auch eher bestimmte Warnzeichen auf (plötzlich besonders desinteressiert oder besonders leistungsfähig). Wie in dem Suchtdreieck ersichtlich, ist das soziale Umfeld (nicht nur die Familie, auch Freunde) prägend. Die Unterstützung bei der bewußten Auseinandersetzung mit sich selbst und das Schaffen von festen Strukturen können dazu beitragen eine Suchterkrankung zu vermeiden. Leider funktionieren diese Mechanismen nicht während der Sucht.

 

Aufgrund der selbst gemachten Erfahrungen werden die gesellschaftlichen Diskussionen um die Legalisierung von sogenannten weichen Drogen von den Referenten als sehr kritisch betrachtet. Auch die Tatsache, dass der Alkoholkonsum bei uns gesellschaftlich unkritischer gesehen wird als der Genuss anderer Drogen.